Heißer Wind wehte mir ins Gesicht, als meine Augen zum ersten Mal das Licht der Sonne hoch über der Wüste Mentoran sahen. Sand folgte der Luft meines ersten Atemzuges in meine Lunge. Ungleich aller anderen Kinder entrann meiner Kehle jedoch kein Schrei, als ich das erste Mal Luft holte und mich in meiner neuen Umgebung umsah. Überall war dieser Sand um mich und hinter mir die Klippen meines Geburtsortes, des Wüstentempels von Mentoran.
Starke Arme hoben mich hoch, und ich wurde unsanft in ein Becken mit Wasser geworfen, um das Blut von meinem Körper zu waschen. Kalt war das Wasser, meine Haut durchweichte. Ein Schauer durchlief meinen Körper und meine Muskeln begannen, unkontrolliert zu zittern. Immer mehr begann sich das Wasser um mich rot zu färben, bis mich dann nach einer Zeit, die mir eine Ewigkeit zu sein schien, die starken Arme wieder aus dem Becken heraushoben.
Meine Kindheit war wie die jedes Taruners meines Clans. Der Wächter meines Clans, mein Wappentier und geheiligtes Tier war der Rabe. Das Tier, dem man die meiste Intelligenz nachsagt, der einfallsreich und tückisch ist.
Als mein Leben schon 3 Winter überdauert hatte, vollzog man an mir den Ritus, den Raben auf meiner Haut zu verewigen. 3 Taruner waren nötig, mich auf dem Boden fest zu halten, während unser Stammes-Schamane mir mit einer Knochennadel das Zeichen der Raben in die Haut stach. Zwei schwarze, sich an meinen Wangen nach unten schlängelnde Flügel, ein schwarzer Kreis mit den Runen des Lebens und des Todes auf die Stirn. Von den Oberarmen herab, bis zu den Handgelenken schlängelten sich die Uralten Gebete für Stärke, Willenskraft und Geschick.
Ich zuckte bei keinem der Stiche mit der Knochennadel, doch kalter Schweiß rann mir die Stirn hinunter, brannte in meinen Augen, da ich ihn nicht mit dem Handrücken wegwischen konnte. Mit jedem Stich schwollen meine Schmerzen zu einem Crescendo der Agonie heran, ich drohte aufgrund der Schmerzen die Besinnung zu verlieren, da hörte es plötzlich auf. Die Taruner, die mich auf dem Boden hielten, ließen langsam von mir ab. Als würde ich in diesem Zustand versuchen Ärger zu machen...
Viele Tage konnte ich mein Gesicht nichtmehr berühren, bis die Schwellungen endlich zurückgegangen waren, und ich nun als vollwertiger Teil des Stammes galt.
Ab diesem Zeitpunkt lehrte mach mich zu überleben. Man lehrte mich zu kämpfen, ausdauernd zu sein, man lehrte mich durchzuhalten, egal wie groß die Schmerzen waren. Man brach mich, nur um mich danach sofort wieder aufzubauen. Immer und immer wieder. Viele Abende kam ich mit Prellungen und blauen Flecken, hin und wieder auch mit gebrochenen Rippen oder Schlimmerem nach Hause, und konnte oft nächtelang kein Auge zu tun. Wohin willst du auch rennen, wenn der Schmerz, der dich verfolgt du selbst bist...?
Doch dann kam der Tag, an dem sich alles verändern sollte....
Es war ein Tag wie jeder andere in meinem Clan. Bereits vor Sonnenaufgang wurde ich geweckt und zum Training in die Wüste mitgenommen. Am heutigen Tage sollte die Prüfung stattfinden, die mich endlich zum Krieger meines Stammes, und somit zum Schutzherren meines Clans machen sollte. Man ließ mich alleine in der Wüste zurück. Ohne Nahrung, ohne Werkzeug. Hier sollte ich nun mein Können unter beweis stellen und der Wildnis zeigen, was mich meine Lehrmeister gelehrt hatten...
Grell stach das Licht der Sonne in meine Augen, als ich mich durch zahllose Sandstürme hindurchbewegte, auf der Suche nach etwas zu essen. Ich weiß nicht, wie lange ich durch die endlose Wüste streifte, doch nach einer halben Ewigkeit kam ich zurück zur Städte meines Clans. Das Feuer, welches wir immer am Abend zu schüren pflegten, um unseren Schutzpatron zu huldigen, brannte noch ein wenig. Die kleinen Flammen kämpften noch vergebens um ihr Leben und gingen dann alle Leise zischend unter. Aber da war noch ein anderer brennender Geruch in der Luft.... etwas anderes brannte.. schwerer grauer Rauch hing in der Luft. Schnell stürmte ich auf meine Clanstätte zu, um zu sehen, was vor sich ging. Plötzlich mischte sich der Geruch von brennendem Holz mit dem von kokelndem Fleisch. Ich rannte immer schneller. Sand peitschte in mein Gesicht, als ich rannte. 20 Schritte vor dem Feuer konnte ich den Grund des Geruches erkennen. Ein paar leere Augen starrten mich aus dem Sand an. Kaum zu erkennen waren die flügel, die sich in dem von Ruß bedeckten Gesicht verliefen. Eine verkrampfte Hand ragte daneben aus dem Sand, so als hätte er versucht etwas darin festzuhalten. 3 Finger waren abgetrennt worden, um eben jenes von dort zu entfernen. Wut stieg in mir auf uns manifestierte sich in einem markerschütternden Schrei und ich stürmte auf die Hütte zu, die ich lange Zeit mein Heim nannte.
Dichter schwarzer Qualm kroch aus ihr doch ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit brach ich durch die Tür hinein... und blieb erstarrt stehen. Was meine Augen dort sahen, brannte sich sofort wie ein heißer Dorn in meine Erinnerung. Ich sah sie. Sie lag auf dem Tisch, gehalten von 4 Nägeln. 2 Durch ihre Hände, 2 durch ihre Füße um die Beine in gespreizter Position festzuhalten. Ich riss sie los. Ihr Blut benetzte meine Haut, wollte vor Wut und Verzweiflung schreien, doch kein Laut verließ meine brennende Kehle.
Langsam erhob ich mich, ich hatte etwas gehört... oder doch nicht?
Stimmen von außen. Stimmen und Schritte. 2 Humanoide den Geräuschen nach zu urteilen. Ich wartete, bis sie genau vor der Tür meines Hauses vorbei kamen. Dann explodierte meine Kraft.
Ich stieß mich mit beiden Beinen vom Boden ab und flog mit weit ausgebreiteten Armen nach außen. Ich hatte glück. Sie hatten offenbar Nichtmahl damit gerechnet, dass noch ein Taruner hier war, der noch nicht aufgehört hatte zu atmen.
Ich schlag meine Arme um den Hals des Ersten, riss ihn von den Beinen und rollte ein Stück weit mit ihm durch den Sand, bevor ich ihm nur Kraft meiner Muskeln den Kopf abriss. Eine Fontäne warmen roten Blutes spritze, im Wettlauf um Höhe mit seinem Kopf, aus dem Stumpen seines Halses und tränkte mich noch weiter. Ich muss ausgesehen haben wie der leibhaftige Racheengel. Von Kopf bis Fuß mir Blut beschmiert, nur das Gesicht verschont, auf dem die beiden Flügel und der Runenkreis ragten.
Der Zweite hatte sich schnell von dem Schock erholt und eine lange Klinge, deren Spitze er nun auf mich richtete. Er stieß einen Schrei aus, vermutlich eine Art Beleidigung oder Fluch und stürzte auf mich zu.
Die Zeit gefror, als ich eine Rolle zur Seite machte, um dem Schlag zu entgehen und ihm gleichzeitig gegen die Schulter trat. Das hatte leider nicht den gewünschten Effekt den Gegner zu entwaffnen, sondern schien ihn nur umso vorsichtiger zu machen. Er ließ sich auf jeden Fall nichtmehr zu einem so unüberlegten Angriff hinreisen, sonder begann langsam an mich heranzutreten, die Klinge stehst vor sich haltend. Verdammt, ich musste irgendwie an ihn heran kommen sonst würde sein Reichweitenvorteil mich mein Leben kosten.
Eine schnelle Finte nach rechts, um ihm dann in die linke Seite zu fallen war mein Plan. Leider stellte sich heraus, dass er meine Finte durchschaute und ich sah ihn einen Moment ungläubig in sein verbissenes Gesicht, über das sich nun ein Lächeln ausbreitete. Ich taumelte ein paar Schritte zurück. Alles schien plötzlich so fern... wie in Watte gepackt..
Ich sank in die Knie. Was war los? Die Kraft verließ mich wie ein steter Strom. Ein Strom aus Blut, die meinen Bauch hinab lief und eine kleine Pfütze auf dem Boden zu bilden begann. Wo kam das Blut her? Ach so! Das Heft des Schwertes ragte aus meiner Brust. Bis zum Heft? Das bedeutete ja, dass der Rest aus meinem Rücken stehen musste. Ich musste kichern. Wie bizarr das wohl aussehen musste, wie ich da kniete, ein Schwert durch meine Brust gejagt und kicherte...
Mein Blick schwankte, und das Nächste was ich sah waren Sand und ein Paar Stiefel, die sich mir näherten. Dumpf klang die Stimme des Menschen in meinen Ohren, als er mein Kinn anhob, um zuzusehen, wie das Leben aus meinen Augen wich.
Er hatte grüne Augen. Eine seltsame Farbe für einen Menschen. An sonsten jedoch war an ihm nicht viel Bemerkenswertes. Seine rosa Haut war, wie die eines jeden Menschen, sein Haar zerzaust vom Sand der ihm ständig hindurch geweht wurde. Ich sah weiter nach unten. Um seinen Hals, da war ein Amulett. Ein Halbmond mit zwei dahinter gekreuzten Sicheln. Hatte der andere auch so eins getragen? Dann musste ich wieder lachen. Ich war im Begriff zu sterben, und alles, an was ich denken konnte, war es mich zu rächen.
Gurgelnd, mit viel Blut kam das lachen heraus. Mein Gegenüber war sichtlich überrascht und zögerte einen Moment. Dachte ich zumindest, doch dass ich mich geirrt hatte bemerkte ich schnell, als mich eine harte Faust auf der Wange traf und meine Sinne sich verdunkelten...

Ich erwachte. Ich erwachte? Ich erwachte! Ich lag noch immer auf demselben Platz, doch der Andere war weg. Satt seiner war da ein Sandgeist.